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Meine schwarze Wolke…

Blogbeitrag: Meine persönliche schwarze Wolke und wie sie sich wieder verzog.

„Erst wenn Du weißt, wie es ist zu fallen, kannst du anderen wirklich helfen, sich wieder zu erheben.“

(Veit Lindau)

Ich würd` hier jetzt gerne herschreiben, dass alle meine Fortbildungen, meine Werkzeuge und meine langjährige Berufserfahrung mich zu der Therapeutin gemacht haben, die ich heute bin.

All diese Dinge haben meine Art zu arbeiten natürlich beeinflusst, aber das, was mich am allerstärksten geprägt hat in meiner beruflichen Laufbahn, war mein eigener Rückenschmerz.

Ja, du hast schon richtig gelesen. Ich hatte selbst über einen viel zu langen Zeitraum wirklich starke Rückenschmerzen.  Immer wiederkehrend, richtig mies  vom Becken bis zur mittleren Brustwirbelsäule.

 2014  hatte ich in einer ziemlichen emotionalen Krise meine erste richtig akute Rückenschmerzepisode. Ich hab Sport immer schon als eine Art Coping-Strategie benutzt, um mit emotionalen Hürden oder schwierigen Situationen zurecht zu kommen. Ich hatte ,wie so viele junge Frauen immer etwas auszusetzen an meinem Körper. Hintern, Oberschenkel, Oberweite- ich war nie wirklich zufrieden und in „meiner Mitte“ und war ständig am kräftigen, straffen, „optimieren“. Als dann in dem besagten Jahr auch noch von außen Dinge dazu kamen, die ich absolut nicht steuern konnte, lief das Fass über. Zu viel Training, zu schnell und zu hart gesteigert, zu viel Stress, zu viel Traurigkeit, und dadurch dann zu wenig Schlaf, die Verdauung am Sand. Nach konstantem Ignorieren von Warnsignalen und Botschaften meines Körpers ging`s auf einmal:

Zackprack- und ich war für gut eine Woche vollkommen außer Gefecht.

Bewegung war total schmerzhaft und enorm eingeschränkt, aber ruhig liegen ging auch nicht. Schlafen mehr als 3-4 Stunden am Stück schon gar nicht.


In der Zeit wurde mir klar, dass Schlafentzug nicht um sonst eine Foltermethode ist.

Bis dahin kannte ich kein Rückenweh. Ich hab mich immer schon gern und viel bewegt, viele verschiedene Sportarten ausprobiert und dachte mir,

ich bin körperlich gut drauf, gute Bauchmukis- mein Rücken ist stabil.

Denkste.

 Nachdem Rückenschmerzen ja fast mein Hauptgeschäft sind als Physiotherapeutin, hab ich natürlich auch bei mir selbst alle Register gezogen, die ich bis dahin kannte: Stabilisierungsübungen für die LWS,  Rückentraining, Behandlungen bei Kollegen, Yoga, Pilates, Massagen, Triggerpunkttherapie, Faszientechniken,  Osteopathie etc., etc.

Ich war echt gewissenhaft, konsequent, diszipliniert.  Nach ungefähr einer Woche schien alles überwunden. Ich nahm ganz langsam das Training wieder auf, adaptierte/stellte dort und da ein bissl um und war überzeugt davon, das passiert mir nicht mehr. War leider nicht so.

 Die Rückenschmerzen kamen immer wieder..

Skifahren, Trampolinspringen, Kayakfahren, Klettern, Laufen, Dehnen, Schwimmen-die Auslöser waren ganz unterschiedlich.

Jedes Jahr hatte ich mindestens eine Episode, die mich wieder mal für 7-10 Tage lahmlegte. Und auch zwischen meinen Episoden hab ich die Spannung einfach  nicht rausbekommen aus meinem Rücken.

Alles, was mir bis dahin Spaß gemacht hat, war plötzlich mit Angst verbunden.

Angst, zur falschen Zeit, am falschen Ort eine falsche Bewegung zu machen und wieder darnieder zu liegen.

Ich hab nicht nur an meinen beruflichen Fähigkeiten enorm gezweifelt, sondern mit der Zeit auch echt an meiner mentalen Gesundheit. Als in meinem MR auch so gut wie nix zu sehen war, das diese verfluchten Schmerzen und die Spannung erklären würde, steckte ich schon mittendrin in der schwarzen Wolke der chronischen Schmerzen. Und diese Wolke wurde immer dunkler und immer einschränkender. Nach einiger Zeit wollte ich dann auch mit meinen Kollegen gar nicht mehr drüber reden- schließlich kennen wir ja alle chronische Schmerzpatienten, die schon so tief drin sind in ihrer Schmerzschleife, dass es so scheint, als kämen sie nicht um die Burg raus aus ihrem Schmerzloch. 

 Auch Therapeuten brauchen manchmal Hilfe

Irgendwann mal kam dann ein Lichtlein angetanzt, oder der berühmte kleine Stein, der die Lawine ins Rollen brachte. Bei mir kam das in Form eines Buches über Schmerzen. In „Schmerzen verstehen“ erklären Moseley/Butler nicht nur welche Ursachen Schmerzen haben können, sondern was bei der Schmerzverarbeitung in unserem Nervensystem auch aus dem Ruder laufen kann. Ab da  ging dann alles-zumindest für den Kopf- ziemlich schnell. Wie bei Alice im Wunderland war ich plötzlich mittendrin im bunten Kaninchenbau und kam dann letztlich zum Postural Restoration Institute in den USA.

 Mein riesiges Interesse für Bewegungsanalyse, Bewegungslernen, positive Regulierung und Beeinflussung unseres Nervensystems ist dort gestillt worden, wie in keinem anderen Konzept, das ich bis dahin kennengelernt hab`.  Und in weiterer Folge fand ich dadurch einige wirklich beeindruckende Therapeuten, die mir auf unterschiedlichste Weise die Unterstützung gaben, die ich brauchte, um aus dieser Krise wieder raus zu kommen, meinem Körper wieder zu vertrauen und schlichtweg besser zu bewegen. Dieses Vertrauen kam aber nicht durch fremde Hände von außen und schon gar nicht von heute auf morgen. Diese ganzen geschwollen Zitate wie: „Der Weg ist das Ziel“, oder : „Die Magie liegt nicht darin das Ziel zu erreichen, sondern im Prozess zu wachsen“- stimmt leider echt. Und Du kannst mir glauben, ich hab mir in so vielen Phasen nichts mehr als eine Abkürzung gewünscht.

Meine Idealvorstellung für eine gute Therapie hat diese Erfahrung schon noch einmal ordentlich in Richtung aktive Therapie gepusht.

Menschen, die den Weg zu mir finden, sollen nicht nur lernen und erkennen, wie ihr Körper arbeitet und was er braucht, sondern ich möchte ihnen vor allem  Instrumente auf ihren Weg mitgeben um sich wieder als Kapitän ihres Schiffes zu fühlen.

Unser Körper arbeitet so genial- mir gelingt es kaum, darüber zu reden und Zusammenhänge zu erklären ohne jedes Mal ins Schwärmen zu kommen, wie ausgeklügelt „dieses Werkl“ funktioniert.

Auch wenn ich mir heute oft mal wünsch`, ich hätte nicht so viel Zeit gebraucht,  um diese Lernerfahrungen zu machen und wieder rauszukommen aus meiner Wolke, halt ich mich fest an eine der vielen Lebensweisheiten meiner  Oma:

„Selten ein Schaden, wo kein Nutzen ist.“